Harlekin mit Hund

Der aus Sandstein gehauene „Harlekin“, hat der Schweigener Künstler Daniel Moritz Lehr während eines Bildhauersymposions 1995 gestaltet. Vor ihm aus Bronze ein Hund, der für den tanzenden Harlekin das Geld einsammelt.

Dazu gibt es folgende Geschichte:

Im Rahmen der Übergabe des neuen Kunstwerkes im Juli 1995 erzählte Ortsbürgermeister Dieter Hörner zur Begründung, warum diese Skulptur aufgestellt wurde, folgende Geschichte……

Im Jahre 1651 – der schreckliche 30jährige Krieg war gerade drei Jahre vorbei – da herrschte auch in Bornheim große Not. Brandschatzend waren während der Auseinandersetzungen zwischen Katholiken und den Anhängern der neuen Lehre, den Protestanten, immer wieder marodierende Truppen durch die Pfalz gezogen, hatten hier einmal eine Mühle geplündert, dort einmal einen Bauern seiner letzten Kuh beraubt.

 

Besonders schlimm ging’s in der Weingegend zu. Fanden die vagabundierenden Truppen gar nichts Essbares, so glaubten sie stets, sich an den Fässern der Winzer rächen zu müssen. Und Endstation war immer erst dann, wenn entweder das Fass leer oder die Söldner voll waren.

Vieles aus jenen fürchterlichen Zeiten liegt im Dunkel der Geschichte. Einige Tage des Jahres 1651 aber – genau gesagt, die vom 06. – 11. Juli – können wir, wenn die Nachforschungen unseres Geschichtsschreibers bezüglich der Daten richtig sind, zurückverfolgen. Und wir erfahren höchst Interessantes aus längst vergangenen Tagen, was aber Auswirkungen für uns hat und mit dem heutigen Ereignis in direkter Verbindung steht.

Bereits am Abend des 6. Juli waren in Edesheim sechs bis an die Zähne bewaffnete ungepflegte und in einem unverständlichen Kauderwelsch parlierende Mannsbilder aufgetaucht, die erst dann von etwa 20 beherzten Männern und Burschen zum Dorf hinaus gejagt werden konnten, als sie 14 Hühner und ein Spanferkel gefressen und etwa 25 Liter Wein gesoffen hatten. Am 07. Juli tauchten sie in Knöringen auf, am 08. verließen sie Essingen hungrig, weil dort nicht viel zu holen war und am 09. schließlich wurden sie in Bornheim gesichtet. Alle Jungfrauen waren bereits eingesperrt, die Hühner, Enten und Gänse im Stall, die Hoftore verschlossen. Sensen und Mistgabeln standen zur Abwehrschlacht parat. Ein gewisser Louis Biewel hatte die Organisation der Abwehrschlacht gegen die Ausländer übernommen, von denen sich später herausstellte, dass es sich um gebrochen italienisch sprechende Sarazenen handelte, die sich seit dem Ende des 30jährigen Krieges zwischen Hunsrück und Vogesen herumgetrieben hatten.

An der Hohl, etwa dort wo sich heute die Pension Sommerauer befindet, hatte der Bornheimer Louis den unwillkommenen Gästen mit etwa 30 Mann einen Hinterhalt gelegt, der jedoch rechtzeitig von den Sarazenen entdeckt wurde. Es gab ein kleines Scharmützel, die Eindringlinge machten sich aus dem Staub, ohne größeren Schaden angerichtet zu haben.

Am anderen Morgen, man schrieb den 10. Juli, näherte sich unserem Dorf von Süden ein eigentümliches Paar. Vorneweg trottete, die Schnauze nach unten, weil man vielleicht etwas riechen könnte, die Augen überall und den Schwanz in Richtung Himmel ein unverkennbar zur Gattung Hund gehörendes Vieh. Ein paar Meter dahinter tänzelte ein gutgebauter junger Mann mit einer Maske vor dem Gesicht, dessen Kleidung so absonderlich war, dass der erste Bornheimer, der ihm begegnete, ein 6jähriger Junge, heulend zu seiner Mutter rannte und schrie: „Mamme, do kummt en Hansworscht!“ Wie recht der Kleine hatte. Aus Padua in Italien war er gekommen, jener Arlecchino, was auf deutsch Harlekin heißt. Mit seinen eigenen Possen, seinem Tanz und seinen Gesängen, hatte er sich gemeinsam mit seinem treuen Vierbeiner, der auf den schönen Namen Gracia hörte, mehr schlecht als recht durchgeschlagen.

Hungrig und durstig, weil in Offenbach, wie der Geschichtsschreiber zu berichten weiß, tags zuvor die einzige Kneipe abgebrannt war, war er nun in Bornheim angelangt, wo es damals, im Gegensatz zu heute, nicht weniger als drei Gastwirtschaften gab.

Bevor unser Arlecchino jedoch die erste davon ansteuern konnte, wurde er von dem bereits erwähnten Louis Biewel, der rechten Hand des Schultheißen, – heute würde man vielleicht Hilfssheriff sagen – angehalten: „Halt emole, was wid en du in Bornem?“ „Oh, icho tanzo und macho allo Leido großi Freudo“.

Um es kurz zu machen – der Dialog zwischen den beiden ist nicht mehr vollständig überliefert – der Harlekin durfte mit seinem Hund im Dorf bleiben und als am nächsten Tag die raubgierigen Sarazenen erneut nach Bornheim kamen, da stellte er sich ihnen tapfer entgegen und herrschte sie in der ihnen geläufigen italienischen Sprache an. Wie war die Räuberbande verblüfft, plötzlich jemanden vor sich zu haben, der ihrer Sprache mächtig war.

Hinzu kam, dass sein Hund seinen Hut fallen ließ, mit dem er ansonsten das Geld für seinen Herrn beim zahlungswilligen Volk einsammelte, und ihnen in Italienisch so etwas ähnliches vorbellte wie „in den Hintern beißen“. Fluchtartig ergriffen die sechs das Hasenpanier und rannten bis nach Offenbach, wo die Kneipe immer noch abgebrannt war.

Hätten wir diesem unerschrockenen Paar, das uns Bornheimer nunmehr vor 344 Jahren gerettet hat, vielleicht kein Denkmal setzen sollen?

Wir haben es getan, wir haben keine Kosten und Mühen gescheut und haben den bekannten Schweigener Künstler Daniel Moriz Lehr gebeten, dem ersten nachgewiesenen Ausländer in Bornheim einen Gedenkstein zu widmen und seinen italienisch bellenden Hund in Bronze zu gießen.